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Volksfeststimmung beim Holzgerlinger Herbst

Artikel aus der Kreiszeitung / Böblinger Bote vom 07. Oktober 2018

Text von Dirk Hamann, Foto: Thomas Bischof

Der Holzgerlinger Herbst hat am verkaufsoffenen Sonntag mit viel Programm Menschenmassen in die Ortsmitte gelockt

Scheint die Sonne, ist der verkaufsoffene Sonntag im Rahmen des Holzgerlinger Herbsts seit Jahren ein Selbstläufer. So auch diesmal. Menschen strömten am Nachmittag in Scharen in die Ortsmitte, um ein buntes Angebot zu genießen. In der Stadt herrschte Volksfeststimmung.

HOLZGERLINGEN. Als sich die Ladentüren der Geschäfte um 13 Uhr gerade einmal geöffnet hatten, war dem Besucher bereits klar: Es braucht Geduld und ein wenig Glück, um zuerst einen Parkplatz - und ein wenig später eine Sitzgelegenheit im Holzgerlinger Stadtzentrum zu ergattern. Wie zurzeit beim Cannstatter Wasen pilgerten die Besucher aus allen Himmelsrichtungen in Richtung Tübinger Straße. Die sollte, am Sonntag für den motorisierten Verkehr gesperrt, eigentlich nur den Dienst einer Interims-Fußgängerzone antreten. Doch sie legte noch einen drauf: Hier pulsierte das Leben so, als würde gerade ein Stadtfest stattfinden.

Starkes Miteinander: Holzgerlingen demonstrierte am Sonntag einmal mehr, was die Stadt alles auf die Beine stellen kann und zu bieten hat - weil verschiedenste Akteure an einem Strang zogen und ein starkes Miteinander präsentierten. So gut wie keine Ladentüre im Ortskern blieb verschlossen, mehr noch - fast alle Gewerbetreibenden belebten mit Aktionen und besonderen Angeboten die Straße. Sei es mit einer Modenschau auf schwarzem Teppich wie bei "Upstairs" oder mit unterhaltsamer Travestiekunst von "Schwester Bärbel" beim Schreibwarenladen "Magazin 2". Dazu lieferten zahlreiche Vereine wie der KSV oder die Kindersportschule ein pralles Rahmenprogramm - nicht zu vergessen die Auftritte der Mädels vom Jazz Dance Workout. Nicht nur der Rathausplatz verwandelte sich in eine belebte Hocketse - auch vor der Bäckerei Binder, am Bloo, wo die Bäckerei Wanner ihren Betrieb kurzerhand ins Freie verlegte, sowie beim Unimog-Treffen beim Hotel Gärtner lebte die von musikalischen Beiträgen ummantelte Geselligkeit auf Bierbänken. Kurzum: In der ganzen Stadt war für jeden Besucher etwas geboten.

Kauffreudig: Sandy Andermann, Mitarbeiterin des Sanitätshauses Glotz in der Tübinger Straße, steht an einem Tisch vor dem Geschäft und lockt mit knuddeligen Plüsch-Wärmflaschen und -Kissen neugierige Laufkundschaft an. "Die rennen uns heute echt die Bude ein", sagte sie und strahlte mit der Sonne um die Wette. Zu warm für die niedlichen Wärmespender sei es auch nicht winkte sie ab. "Die kommen bestens an. Abends wird ist es ja auch schon kalt - und die 20 Prozent, die es heute bei uns gibt, sind ja auch ein Wort." Auch an den anderen Ständen und in den allermeisten Läden steppte der Bär. Es gab Angebote, nicht nur beim Flohmarkt, die gingen auf einmal weg wie warme Semmeln. So das Landkreis-Monopoly am Zelt der Kreiszeitung. "Wahnsinn", meinte KRZ-Mitarbeiterin Yvonne Perlich über den unverhofft großen Ansturm. Kaum war die erste Stunde des verkaufsoffenen Sonntags rum, war der dritte Karton leer, hatte das letzte aus Böblingen nach Holzgerlingen mitgebrachte Spiel den Besitzer gewechselt. Nicht anders als im Freien sah es in den meisten Geschäften aus: Jede Menge Kundschaft zog es in die Läden - und oft genug kam sie mit vollen Einkaufstüten wieder heraus.

Im Dauereinsatz: Der Platz vor dem Heimatmuseum bekommt zwar kaum Sonnenstrahlen ab - doch im Schatten standen die rund 30 ehrenamtlichen Helfer, die am Sonntag für den Heimatgeschichtsverein im Einsatz gewesen sind, auf keinen Fall. Die Sonderausstellung "70 Jahre Vertreibung, 75 Jahre Zerstörung", zog einige Besucher ins Museum - doch die Mehrzahl blieb im Freien. Um zuzuschauen, wie junge Männer mit schwerer Handarbeit eine Presse bedienten, um zentnerweise Äpfel in süßen Most zu verwandeln. Und, um diesen in Kanistern abgefüllten Saft nebst einem Stück frisch gebackenen Zwiebelkuchen gleich käuflich zu erwerben. "Wir waren froh, dass wir dieses Jahr überhaupt noch Äpfel bekommen haben", meinte Peter Görke, Geschäftsführer des Vereins für Heimatgeschichte. Zwar sei die Ernte reich ausgefallen - doch die Äpfel waren viel früher reif als das üblicherweise der Fall ist. "Alle unsere Äpfel kommen dennoch erneut von Holzgerlinger Bäumen", fügte er hinzu.

Kraut als Rarität: Mit zehn Helferinnen waren die Schönbuch-Landfrauen, die es nun seit 15 Jahren gibt, mit ihrem Stand am Bloo wieder einmal der Publikumsmagnet schlechthin. Wie gehabt hobelten sie Weißkraut fast im Akkord. "Insgesamt sind es heute 730 Kilo, die wir verarbeiten", verriet die Landfrauen-Vorsitzende Regina Beck mit stolzer Stimme. Dabei habe ihr und ihren Mitstreiterinnen der heiße, trockene Sommer einige Sorgen bereitet - schließlich sei dadurch auf den Feldern in der Umgebung kein Kraut gewachsen. "Wir mussten deshalb welches von weiter weg kaufen, wo bewässert wird", verriet Regina Beck. Und, dass das Kraut deshalb um einiges teurer gewesen ist als in der Vergangenheit. Mussten die Landfrauen diesen höheren Preis auch an die wieder einmal Schlange stehende Kundschaft weitergeben? "Wir haben unseren Kilopreis um 20 Cent erhöht", erklärt Regine Beck schmunzelnd. "Die Mehrkosten sind dadurch aber nicht gedeckt." Übrigens: Um die Krautköpfe zu schälen und zu hobeln, verrichteten die Landfrauen einmal mehr schweißtreibende Arm-Arbeit, die wohl locker mit jedem Hanteltraining konkurrieren kann. "Muskelkater bekommen wir davon aber nicht", winkte Regine Beck ab - und machte sich wieder ans Geschäft.